RGB-Kanäle gegen LED-Licht – oder – wie ich diesem schrecklichen Licht auf der Tanzfläche den Kampf angesagt habe

By Vladi | Entwickeln

Okt 02
Die RGB-Kanäle in der Punktkurve von Lightroom helfen beim LED Licht auf der Tanzfläche

Kennst du das auch?

Du fotografierst eine phantastische Hochzeitsreportage mit tollen Menschen und einer geilen Location. Inzwischen hast du großartige Momente von den aufregenden Brautvorbereitungen, der wunderschönen Trauung, den emotionalen Gratulationen und den lustigen Gruppenfotos eingefangen.

Auch das Brautpaar-Shooting mit awardverdächtigen Motiven hast du mit Bravur gemeistert. Der Sektempfang ist vorbei, die Luftballons im Himmel und du freust dich, ein bisschen die „Akkus“ am leckeren Buffet aufzuladen sowie souverän einige Reden und evtl. Hochzeitsspiele zu fotografieren. Das hast du nun auch hinter dir. Es fehlen nur noch ein paar hammer Partyfotos, die die ganze Hochzeitsdokumentation abrunden.

Wenn da nicht der DJ wäre, der sich neues Licht auf Basis von LED zugelegt hat und dieses großzügig einsetzt. Alle paar Sekunden wechseln sich die Farben. Von grellem Blau, über Gelb, bis hin zu Rot. Die werden ordentlich auf die Haut deines Paares und der Gäste „aufgetragen“. Du versucht es mit verschiedenen Blitztechniken, sogar ohne Blitz, aber nichts hilft wirklich konsequent, das „wunderschöne“ LED-Licht vom DJ zu überstrahlen und die Hauttöne der Feiernden etwas ansehnlicher zu machen.

Innerlich schimpfst du schon mit dem DJ und kochst vor Wut. Du denkst dir „Hoffentlich kriege ich das mit Lightroom irgendwie hin!“. Ein paar Tage oder Wochen später sitzt du völlig verzweifelt am Computer, weil selbst die Umwandlung in Schwarzweiß nicht wirklich hilft. Du drehst an allen Möglichen Reglern in Lightroom, aber die meisten Tanzfotos werden dadurch nicht besser.

Mir ist diese Situation auch nicht fremd. Aber ich glaube, ich habe ein Mittel dagegen gefunden. Ich konnte es noch nicht auf so vielen Hochzeiten ausprobieren, aber nach meinen bisherigen Erfahrungen bin ich sehr optimistisch, dass es zumindest bei 8 von 10 Bildern wirkt :-).

Die RGB-Kanäle in Lightroom

Und zwar behelfe ich mir für die wesentlichen Veränderungen mit der RGB-Kurve bzw. der Punktkurve in Lightroom, genauer gesagt, den drei Kanälen Rot, Grün und Blau. Viele Fotografen kennen diese gar nicht oder nutzen sie nur in Zusammenhang mit verfälschten Farblooks à la Hollywood.

Komplementärfarben

Wenn du an dieser Stelle eine theoretische Ausführung über die Farbenlehre erwartest, dann muss ich dich enttäuschen. Die Theorie kannst du z. B. auf Wikipedia nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Komplement%C3%A4rfarbe. Dort ist es viel besser und fundierter erklärt, als ich es machen kann. Auf smartlightroom.de möchte ich mich auf die praktische Anwendung konzentrieren, die dir von konkretem Nutzen sein kann.

Im Grunde musst du dir nur die drei Komplementärfarben bzw. -pärchen merken. Und zwar: Rot <-> Cyan | Grün <-> Magenta | Blau <-> Gelb

Die Komplementärfarben von Rot Grün und Gelb (RGB)

Die RGB-Kurve und die drei Farbkanäle „versteckt“ Adobe Lightroom hinter der Gradationskurve im Entwickeln-Modul.

Damit du sie bearbeiten kannst, musst du im Bedienfeld der Gradationskurve unten rechts auf die Miniaturkurve klicken. Jetzt befindest du dich im Bereich der sogenannten Punktkurve. Wenn du auf „RGB“ klickst öffnet sich das Dropdownmenü, von wo du die einzelnen Kanäle anwählen kannst.

Diese brauchen wir beim Kampf gegen das LED-Licht auf der Tanzfläche.

Die Punktkurve der einzelnen Kanäle ist schon eine Diva und kann sehr zickig reagieren. Für ungeduldige Grobmotoriker könnte es etwas schwierig werden, aber ich stelle gegen Ende dieses Artikels eine Zusatzhilfe zur Verfügung. Also dran bleiben! 

Ansonsten hilf es bei einer Feinjustage, wenn man während des Bewegens eines Punktes die Alt-Taste gedrückt hält.

Erinnerst du dich an die Komplemänterfarben von oben? Es ist vorteilhaft, wenn du sie verinnerlichst. Ansonsten siehst du beim Rumspielen mit den Kanälen sofort in welche Richtung die Farbveränderungen stattfinden.

Schritt für Schritt Bearbeitung eines "LED-Bildes"

Ich habe einige kritische Hochzeitsfotos vorbeireitet, anhand derer ich veranschaulichen werde, wie du gute Ergebnisse bekommen kannst. Bei dem Ersten wird es ausführlich erklärt, damit du meine Logik verstehen kannst und mit etwas Köpfchen selbstständig arbeiten kannst. Bei den anderen Bildern gibt es direkt die fertigen Einstellungen. Los geht’s!

Das Originalbild

Das erste Foto hat einen „Avatar“-Touch gemischt mit Magentastich, was ich nicht so schön finde. Das Gesicht der Braut ist so stark mit blauem LED-Licht bedeckt, dass ihr Ausdruck schwer zu erkennen ist.

Normalerweise würde man zuerst schauen, ob mit den zwei Reglern vom Weißabgleich - Temperatur und Tonung - korrigiert werden kann. Manchmal funktioniert es auch tatsächlich, aber in diesem Fall bringt es kein zufriedenstellendes Ergebnis. Hier z. B. mit der Temperatur bis zum Anschlag nach rechts und die Tonung auf -61. Das Beste, was ich aus dem Weißabgleich herausholen kann. Die Hauptpersonen sehen aber eher wie die Schlümpfe aus.

Mit angepasstem Weißabgleich

Dann könnte man versuchen, im HSL-Bereich von Lightroom einzelne Farben zu optimieren oder mit der Teiltonung und der Kamerakalibrierung herumzuspielen, aber ein richtig guter Look will zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich klappen. Dieser Instrumente bediene ich mich eher beim Feintuning.

Deswegen setze ich nun die „Zauberwaffe“ ein - die Punktkurve der einzelnen Kanäle. Besonders die blauen Töne im Bild stören mich. Aus diesem Grund öffne ich den Kanal „Blau“. 

Die Punktkurve der Farben funktioniert so: wenn man die Linie nach oben zieht, verstärkt es die entsprechende Farbe und beim Ziehen nach unten geht es in Richtung ihrer Komplementärfarbe.

Bewege ich also die Kurve im Blauen Kanal nach unten, wird das Bild gelber, verschiebe ich es nach oben - blauer. Hier eine Veranschaulichung:

[twenty20 img1=“639″ img2=“640″ offset=“0.1″]

Du siehst, dass die Kurve schon sehr sensibel ist und auch kleine Veränderungen große Wirkung haben. Hilfreich kann auch die Pipette sein. 

Einfach oben links auf den Kreis klicken, damit du sie aktivierst, dann auf den Farbton im Bild klicken, den du verändern möchtest und nach oben oder unten ziehen. Du merkst sofort, wie sich die Kurve bewegt.

Aktivieren der Pipette

Mit der Pipette nehme ich eine „Probe“ aus den hellblauen Bereichen vom Gesicht der Braut. Nach einer leichten Korrektur nach unten, gefällt mir das Bild viel besser. Jetzt sind wir ein großes Stück weiter gekommen!

Du kannst bei Bedarf beliebig viele Einstellungspunkte auf der Kurve anlegen, verschieben und wieder löschen. In diesem Fall hielt ich es aber nicht für notwendig.

Als nächstes spiele ich mit den Grundeinstellungen: Erhöhe dort die Klarheit, damit der Nebel besser sichtbar und das Bild insgesamt knackiger wird. Füge ein bisschen Kontrast hinzu - einmal allgemein dem ganzen Bild und dann noch durch verringern der Schwarzwerte und Erhöhen der Tiefen und Weißen. Beim Aufhellen der Tiefen werden die Personen auf der linken Seite besser sichtbar.

Ich betrachte nochmal das Bild und finde, dass es etwas zu grün-gelblich ist und auch ein bisschen zu viel Blau schimmert durch. Ich würde gerne ein klein wenig rötliche Töne beimischen und die Blauen weiter wegnehmen.

Ich gehe jetzt in den Rotkanal und hebe die Kurve in der Mitte ganz leicht an. Das gefällt mir ganz gut!

Ein leicht bläulicher Touch ist noch vorhanden. Die Hemden der Jungs stechen mir zu sehr heraus und das Gesicht der Braut könnte noch klarer werden. 

Ich gucke unter HSL -> Sättigung, was passiert, wenn ich die Sättigung der blauen Farbe rausnehme: Ne, das sieht zu leichenhaft aus.

Das Entsättigung von Blau gefällt mir nicht.

Dann öffne ich die Kamerakalibrierung. Das Verschieben des Farbtons unter „Primärwerte Grün“ nach rechts bringt das erwünschte Resultat! Mehr tue ich dort nicht.

Jetzt noch etwas mehr von den hellen Mitteltönen der Gradationskurve (+15), um das Gesicht der Braut und das Blitzlicht im Hintergrund strahlender zu machen. Mein Bauchgefühl sagt mir außerdem, dass das Hochzeitsfoto noch etwas Klarheit vertragen kann. 

Zum Schluss stempele ich nur noch die Lampe oben links, ein Fleck auf der Stirn der Braut und die glänzenden „Punkte“ unten links weg. Et voilà!  

Klicke auf das Bild für eine größere Ansicht

Hier der Vorher-Nachher-Vergleich: 

[twenty20 img1=“655″ img2=“656″ offset=“0.5″]

Genial, oder? Deshalb wollte ich diese Methode der Bildbearbeitung mit Lightroom unbedingt mit dir teilen.

Zusammenfassung

Die größten Effekte bei der Korrektur hat die Punktkurve der einzelnen Kanäle bewirkt. Die anderen Einstellungen gehören eher in die Kategorie „Feinschliff“. 

Leider ist, wie am Anfang erwähnt, ausgerechnet der Umgang mit der Punktkurve nicht so einfach und erfordert eine gute Portion Feingefühl. Die gute Nachricht ist, dass man seine Einstellungen in den Kanälen als eine Art Lightroom Preset speichern kann, um sie bei anderen Bildern anzuwenden.

Klicke dazu auf „Eigene“ neben „Punktkurve:“ 

Schritt 1

und dann auf „Speichern…“. 

Schritt 2

Ich benenne meine „LED Licht Blau“ und möchte sie dir gerne zur Verfügung stellen. 

Schritt 3

Vorher möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen: Erwarte nicht, dass es bei dir perfekt passt! Es hängt von verschiedenen Faktoren ab. U. a. von deiner Kamera, vom Licht auf der Tanzfläche und wie du fotografiert hast. Meistens musst du zusätzlich mindestens mit dem Weißabgleich spielen.

Gucke z. B., was passiert, wenn ich mein Bild zurücksetzte und nur die gespeicherte Punktkurve abrufe:

Originalfoto nach Anwenden der abgespeicherten Punktkurve

Schlimmer als das Original, nicht wahr? Verschiebe ich aber den Temperatur- und den Tonungregler, bekomme ich bereits sehr ansehnliche Ergebnisse und die grobe Arbeit ist erledigt. Also: die Kombination aus Weißabgleich und Punktkurve ergibt eine optimale Basis und ein zu 80% fertiges Bild.

Originalfoto nach Anwenden der abgespeicherten Punktkurve und Einstellen des Weißabgleiches

Die letzten Schliffe kommen dann von den üblichen Reglern. Bei dieser heftigen Party beispielsweise wirkt es stark, wenn man die Klarheit und die Kontraste erhöht. Bei einer anderen Hochzeit, könnte es aber nicht so toll aussehen. Mir geht es in diesem Artikel darum, dass die Farben auf der Tanzfläche ansprechend korrigiert bzw. geändert werden.

Übrigens liegt es auch im Auge des Betrachters. Wahrscheinlich gibt es Menschen, die ein mit Magenta „bestrahltes“ Gesicht mögen. Mir ist es lieber, wenn man die Gesichtsausdrücke deutlich hervorhebt und nicht selten bevorzuge ich eine andere Farbgebung als vom DJ vorgegeben.

Beispiele als Vorlage

Hier kannst du auch schon die gespeicherte RGB-Kurve aus der obigen Bearbeitung samt der verschiedenen RGB-Punktkurven aus den folgenden Beispielen herunterladen. Ich hoffe, dass sie dir vom Nutzen sind! Im Download-Paket findest du auch eine Installationsanleitung.

Weitere Beispiele

Im Folgenden zeige ich dir noch ein paar Vorher-Nachher-Bilder, die ohne die Farbkorrekturen in den RGB-Kanälen nicht möglich wären. Meine Logik und wie ich vorgehe hast du bereits beim obigen Beispiel dargestellt bekommen. Deswegen fasse ich mich kurz und veröffentliche dir nur die fertigen Einstellungen der RGB-Kanäle. 

Beispiel #1

[twenty20 img1=“695″ img2=“696″ offset=“0.1″]

Beispiel #2

[twenty20 img1=“714″ img2=“715″ offset=“0.1″]

Beispiel #3

[twenty20 img1=“709″ img2=“717″ offset=“0.1″]

Beispiel #4

[twenty20 img1=“705″ img2=“706″ offset=“0.1″]

Beispiel #5

[twenty20 img1=“723″ img2=“724″ offset=“0.1″]

Beispiel #6

[twenty20 img1=“720″ img2=“721″ offset=“0.1″]

Viel Erfolg und ich freue mich auf deine Rückmeldung!

(2) comments

Add Your Reply